Bericht Eitorf Stiftung
Als ich 2013 nach dem Abitur am Siegtal-Gymnasium Eitorf nach Aachen gezogen bin, um an der RWTH Chemie zu studieren, hatte ich die Stimmen älterer Generationen im Kopf, die ihre Studienzeit als „beste Zeit ihres Lebens“ oder als „Zeit, sich selbst zu finden“ beschrieben – doch es wurde schnell klar, dass es sich dabei entweder um romantisierte Geschichten handeln musste, oder die Zeiten sich geändert haben. Entgegen der immer noch geläufigen Meinung kann man es sich als Student leider nicht (mehr) unbedingt leisten, jeden zweiten Tag bis drei Uhr nachmittags im Bett zu liegen, über den Sinn des Lebens und gesellschaftliche Missstände zu sinnieren und sich dann mal langsam auf den Weg zu der einen Vorlesung machen, die an diesem Tag stattfindet. Der Unialltag beginnt um 8.15 Uhr mit Vorlesungen und endet nach dem Praktikum um 17 Uhr; im Abendprogramm stehen Übungen bearbeiten und Protokolle schreiben. Der hochmotivierte und besser organisierte Student bereitet dann natürlich noch Vorlesungen nach und vor – aber das musste, zumindest für mich, leider eher Utopie denn Realität bleiben, wenn ich nicht ganz dem Sozialleben und dem Schlaf entsagen wollte. Als ich diesen straffen Tagesablauf registriert hatte, beschloss ich, das Stipendium der Eitorf Stiftung nicht etwa in Bücher oder Fachzeitschriften zu investieren, sondern ausschließlich in Dinge, die nichts mit der Uni bzw. mit der Chemie zu tun hatten, um neben dem Studium die vielen anderen Dinge, die mir Spaß machen, nicht komplett zu vernachlässigen.
Zuallererst musste natürlich die neue, erste eigene Wohnung eingerichtet werden – und woran man nicht alles denken muss, was bei den Eltern einfach immer da war! Nicht nur neue Schlafzimmermöbel, sondern auch Kühlschrank, Waschmaschine (pfui, Wäsche waschen!), und Dinge, die sich im Elternhaus immer ganz unauffällig verhalten haben und deren Absenz einem erst dann auffällt, wenn man sie braucht – wie eine Wasserwaage, ein Dosenöffner oder ein Bügelbrett. Ganz zu schweigen von Internet- und Stromanschlüssen!
Auf eigenen Beinen zu stehen, das muss erstmal gelernt werden. Und ganz unabhängig von Mama und Papa ist man dann ja auch doch noch nicht.
Nach der Eingewöhnungsphase dann die Erkenntnis – Mann, das ist ganz schön stressig. Ich brauche Urlaub! Und so ging es in der „vorlesungsfreien Zeit“ (die partout und berechtigterweise nicht mehr als „Semesterferien“ bezeichnet wird) nach der Klausurphase mit alten und neuen Freunden nach Irland, München, Irland, Holland und Sizilien. Den Studienstress für kurze Zeit vergessen und das Leben genießen, um dann mit neuer Energie ins nächste Semester zu starten – und Energie kann man nie genug haben, denn das Studium wurde von Semester zu Semester stressiger und schwieriger bezwingbar.
In diesem Sommer habe ich nach sechs spannenden, anstrengenden, nervenaufreibenden, aber insgesamt sehr glücklichen Semestern, in denen ich einen ganzen Haufen wundervoller neuer Freunde gefunden habe, schließlich mein Bachelorzeugnis erhalten – der erste Abschnitt ist also geschafft. Doch da man mit einem Bachelor in Chemie noch nicht allzu viel anfangen kann, geht es noch weiter – erst einmal hat es mich nun für ein Forschungspraktikum im Rahmen meines im Oktober begonnenen Masterstudiums an die University of California, Berkeley getrieben. Danach werde ich schauen, wo der Geist der Forschung mich hinlockt!